Der hier beschriebene Aufbau wurde für die Erstellung der kommunalen Biodiversitätsstrategien im Modellprojekt „Marktplatz der biologischen Vielfalt“ verwendet. Die Untergliederung in räumliche beziehungsweise thematische Handlungsfelder hat sich einerseits für die Strukturierung der Strategien als zielführend erwiesen und ermöglichte andererseits die Arbeit in Kleingruppen in den Workshops zur Strategieerstellung.

Biodiversitätsvision

Übergeordnetes Ziel des kommunalen Biodiversitätsengagements sollte sein, den Erhalt der biologischen Vielfalt als mindestens gleichberechtigtes Ziel in der Kommunalentwicklung, neben wirtschaftlichen und sozialen Zielsetzungen, zu verankern. Eine Biodiversitätsvision setzt eine übergeordnete Leitlinie und eine zusammenführende Klammer um alle Ziele und Maßnahmen. Kommunale Entscheidungen sollten hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Verwirklichung der Vision ebenso kritisch abgewogen werden, wie sie auf finanzielle Realsierbarkeit überprüft werden.

Ein gutes Beispiel für eine Biodiversitätsvision, die das Bestehende würdigt und weitsichtige Orientierung gibt, hat sich die Stadt Lohr am Main gegeben:

  

Lohr am Main – von Grund auf vielfältig

Vom Talgrund des Mains ausgehend schenken uns Spessart und Fränkische Platte
einen reichhaltigen Naturraum voller Übergänge mit hoher Lebensraum- und Artenvielfalt.

Die Förderung der biologischen Vielfalt machen wir zum Grundsatz des Handelns der Stadt Lohr am Main,
der auf angepasster Nutzung und Nutzungsverzicht sowie auf Renaturierung und Vernetzung gründet.

Verstärkte Umweltbildung verankert das Bewusstsein für für den Wert der Biodiversität in der Gesellschaft
und mit aktivem Austausch überzeugen wir weitere Kommunen von unserem Weg.

Handlungsfelder

Nach einem Gemeindeportrait und einer allgemeinen Einführung, gliedern sich die Strategien in sechs Handlungsfelder.

Vier Handlungsfelder sind raumbezogen und teilen das Gemeindegebiet in Agrarlandschaft, Gewässer, Wald und Siedlung auf. Die beiden Handlungsfelder Naturerleben und Bewusstseinsbildung sowie Wertschöpfung behandeln gesellschaftliche Aspekte, die den Schutz der biologischen Vielfalt befördern. So kann lokale Wertschöpfung den Biodiversitätsschutz mit der Erzielung von Einkünften verknüpfen. Insbesondere die Landwirtschaft, die Lebensmittelverarbeitung, inklusive der Gastronomie, und der Tourismus können vom Engagement für die Natur profitieren. Das Handlungsfeld Naturerleben und Bewusstseinsbildung zielt auf eine Transformation der Wahrnehmung von und des Umgangs mit der lokalen Biodiversität ab.

Innerhalb der Handlungsfelder steht die Analyse der Ist-Situation an erster Stelle. Eine klassische SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken) identifiziert Handlungsnotwendigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten („Unsere Ausgangslage“). Daraus werden kurz- bis mittelfristige Zielsetzungen abgeleitet („Unsere Zukunft“). Die konkreten Maßnahmen operationalisieren schließlich diese Ziele und legen das praktische Vorgehen und die beteiligten Akteure möglichst detailliert fest („Unser Vorgehen“).

Aus den handlungsfeldspezifischen Maßnahmenkatalogen sind fünf prioritäre Projekte detaillierter ausgearbeitet unter einem eigenen Punkt aufgeführt. Als Kriterium für die Priorisierung stand die naturschutzfachliche oder bewusstseinsbildende Wirkung im Vordergrund. Für diese Maßnahmen sind Meilensteine mit Zielzeiträumen sowie zuständige Akteurinnen und Akteuren je Prozessschritt festgelegt. Daneben werden die zu kalkulierenden Kostenpositionen und Finanzierungsoptionen aufgezeigt.

Evaluierung

Das abschließende Kapitel behandelt die Evaluierung der Biodiversitätsstrategien. Trotz sorgfältiger Ausarbeitung werden sich nicht alle Maßnahmen als umsetzbar oder zielführend erweisen. Auch können sich Prioritäten verschieben oder Biodiversitätsziele unerreichbar werden. Darüber hinaus wird die Dynamik natürlicher Prozesse dazu führen, dass die Strategien in regelmäßigen Abständen angepasst werden müssen. Es ist daher unerlässlich, die Maßnahmen regelmäßig hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu bewerten, die Zielsetzungen zu überprüfen und die Analysen der naturschutzfachlichen Gegebenheiten zu wiederholen. Dies gewährleistet die Aktualität des strategischen Ansatzes und die kontinuierliche Wirksamkeit des Handelns.

Plandarstellung

Im Projekt wurde der Textteil der Strategien durch einen Biodiversitätsplan ergänzt. Alle räumlich verortbaren Maßnahmen sind flächenscharf oder als Markierungen von Schwerpunktgebieten darin abgebildet. Die Pläne wurden den Modellkommunen nicht nur als gedruckte Exemplare und als digitale Printversionen zur Verfügung gestellt. Zur Bearbeitung und zur Berücksichtigung in der digitalen Raumplanung erhielten die Kommunen zusätzlich entsprechende GIS-Projekte (GIS = Geographisches Informationssystem).